Der Johannisplatz

Unser Ziel ist nicht allein der Wiederaufbau des vom Krieg verschonten und trotzdem 1963 sinnlos gesprengten einizgen barocken Kirchturms unserer Stadt. Wir wollen auch die Gestaltung des gesamten Viertels begleiten, vergessene oder verlorene Geschichte erlebbar machen und verstehen uns als Ansprechpartner für die Anwohner und alle am Thema Interessierten.

 

Zum Wiederaufbau des Turmes

 

Im Jahre 2001 beschloss die Leipziger Ratsversammlung, den Geltungsbereich der Erhaltungssatzung für das Gebiet „"Leipziger Innenstadt“ auch auf das Areal Johannisplatz auszudehnen , um dessen Bedeutung im Rahmen des Gebiets ,-Milieu- und Strukturschutzes zu verdeutlichen. Damit wurde eine allgemeine städtebauliche Schutzbedürftigkeit des Platzes festgeschrieben.

Nun können an Neubauten besondere Gestaltungsanforderungen gestellt werden, um ein "stimmiges" Ortsbild zu gewähleisten. In einem  solchen Kontext genießt die städtebauliche, geschichtliche und künstlerische Bedeutung jenes Areals besondere Aufmerksamkeit. Folgt man diesen  allgemein stadtplanerischen Vorgaben, wird der Wiederaufbau des Johanniskirchturms eine durchaus in Betracht zu ziehende Bauaufgabe. Denn im Zusammenspiel mit den sich vom Augustusplatz nach Osten hin entwickelnden Raumfolgen und Höhendominanten mit ihren Achsbeziehungen würde der Turm einen wichtigen städtebaulichen Akzent setzen.

Seit dem Abbruch des zuvor noch sanierten Turms 1963 und der anschließenden baulichen Entwicklung des gesamten Areals ohne nennenswerte Akzente "verkümmerte" der Johannisplatz zu einer brachenähnlichen Fläche anstatt zu einem als solchen definierten städtischen Platz. Damit wurde auch eine Erinnerung an sein ursprüngliches Antlitz und seine Bedeutung im städtischen Gefüge zunichte gemacht, in dem der Johanniskirchturm eine im wahrsten Sinne des Wortes "herausragende" Rolle gespielt hatte. Das allgemeine Unbehagen angesichts seiner Zerstörung ist bis heute spürbar.

Daraus ergibt sich nunmehr die Frage, wie man mit einer Neubebauung am ursprüglichen Standort der Johanniskirche umgehen soll. Wir sind überzeugt, dass eine künftige bauliche Gestaltung nur gelingen kann, wenn sie die Bedeutung der den Platz früher bestimmenden Parameter wieder aufgreift. Die somit gewonnene Qualität städtischen Raums sollte das vorrangige städtebauliche Ziel sein.

Die räumliche Wirkung des Areals könnte natürlich auch mit einem modernen Turmbau oder einem entsprechenden Zitat erzielt werden. Dazu bedürfte es jedoch einer exzellenten und sensiblen Architektur, die heutzutage leider immer seltener geworden ist.

Die Bau"kunst" unserer Zeit ist oft wenig überzeugend und zeigt sich damit angreifbar. Ganz bewusst bevorzugen wir daher eine weitgehende Rekonstruktion des Johanniskirchturms, weil wir es für legitim halten, dann einen Rückbezug zur Geschichte vorzunehmen, wenn es für das Bewusstsein der städtischen Öffentlichkeit eine besondere Bedeutung hat. Eine solche emotionale Beziehung lässt sich kaum mit einem Neubau ohne Bezug auf das Original erzielen.

Dabei liegt unser Augenmerk primär auf dem Turm und nicht mehr in seiner ursprünglichen Funktion für eine Kirche. Die hatte er durch mehrfache Veränderung und schließlich die Beseitigung des Kirchenschiffs ohnehin schon verloren und führte seither ein gewisses "Eigenleben".

"Irgendeinen" Turm zu bauen, reicht nicht aus, um den vorher angesprochenen emotionalen und gechichtlicen Bezug herzustellen. Eher würde ein neuer Turm ohne äußerlich sichtbaren Bezug zum Original die allgegenwärtig zu beobachtende Eindimensionalität heutiger Architektur nur fortsetzen.

Wir empfehlen deshalb den Wiederaufbau des Johanniskirchturms als Kopie des historischen Vorbilds. Mit seiner Zerstörung 1963 sollte baulich und ideologisch mit der Vergangenheit gebrochen werden. Der radikale Bruch mit der Vergangenheit war jedoch war nur ein fiktiver und die Geschichte wurde damit nur verdrängt. Die vielstimmigen Forderungen nach Wiederaufbau des Turms in historischer Gestalt zeigen, dass ein solcher Bruch mit der Geschichte nicht hingenommen wird.

Auch wenn der Johanniskirchturm in der uns überlieferten Gestalt als wichtiges Zeugnis der Geschichte Leipzigs für immer zerstört ist, erhält ein (möglichst) originaler Wiederaufbau seine Legitimation aus den beschriebenen größeren Wirkungszusammenhängen.

 

Der rekonstruierte Turm soll als weithin sichtbare "Landmark" auf den historischen Ort der Grabstätten Johann Sebastian Bachs und Christian Fürchtegott Gellerts hinweisen.

 

 

 

 

Animation Johanniskirchturm (Dipl.Ing. Stefan Riedel, Architekt BDA)